„Die Fassade der Villa ist eine der schönsten im Art-Déco-Stil in Leipzig und nach wie vor ein Hingucker“, schwärmte Thomas Noack bei seinem Vortrag Mitte September. Der Museologe arbeitet im Landesamt für Denkmalpflege, ist Träger der Ehrenmedaille der Stadt Leipzig und hat intensiv in alten Bauakten geforscht, um den Werdegang der heutigen Villa mit der Hausnummer 106 nachzuvollziehen.
Alles begann mit Emil Hugo Bärlecken, der Prokurist in der Leipziger Pianofortefabrik war. Er hat das Haus nach einem Erstentwurf von Architekt Rudolf Peuser bauen lassen. Die Kommandant-Prendel-Allee, benannt nach einem österreichischen General in der Völkerschlacht, hieß damals noch Denkmalsallee.
Zunächst gab es einiges Hin und Her mit dem Bauamt bis 1924 schließlich die Genehmigung vorlag. Der Bau nach Tekturen, das sind nachträgliche Planänderungen, von Architekt Franz Bruno Thon wurde im Jahr darauf fertiggestellt.
Typisch für eine Villa ist die offene Diele mit einem repräsentativen Treppenhaus. „Es handelt sich um eine Landhausvilla“, erklärte Thomas Noack. „Was die Größe des Hauses mit Frauen-, Herren- und Fremdenzimmer, Bädern, Salon, Speisezimmer, Küche und sogar einen Raum für ein Zimmermädchen betrifft und ebenso die dekorative Ausgestaltung, geht es eindeutig über ein normales Wohnhaus hinaus.“
In den Bauakten ist festgehalten, dass die „Villa Bärlecken“ im November 1932 aus nicht bekannten Gründen zwangsversteigert wurde und an Walter Benn ging, der Inhaber des Lindenbades war. Er wohnte mit seiner Frau Auguste nachweislich von 1934 bis 1943 im Haus und hat sich auch mit den Initialen „WB“ in einem Buntglasfenster des Treppenhauses verewigt.
Dem sparsam oder pragmatisch vorgehenden Zweiteigentümer kam zugute, dass die Nachnamen denselben Anfangsbuchstaben tragen. So musste er nur den Buchstaben des Vornamens austauschen lassen, das H von Herrn Bärlecken gegen sein W.
Ab 1947 wurde das Haus zur Außenstelle des St. Elisabeth-Krankenhauses, bis schließlich am 22. Juni 2000 die Grundbucheintragung auf das Hospiz „Villa Auguste“ umgeschrieben wurde.
Über die Geschichte der Villa hinaus gab der engagierte Denkmalpfleger weitere interessante Einschätzungen. Allgemein betrachtet habe Leipzig architektonisch immer sehr modern gedacht und sich vielfach weiterentwickelt, meint Noack. Beispiele seien der deutlich vollzogene Wandel von der Renaissance-Stadt zum Barock und die stilreichen Messehäuser. Die Friedenssäule im Nikolaikirchhof hält er für ein sehr gelungenes Denkmal, weil es die Bürgergesellschaft vom Innern der Kirche sinnbildlich nach außen zum Ort des revolutionären Herbstes 1989 getragen habe.